Vielleicht wollen Sie sich, um in die richtige Stimmung zu kommen bevor Sie den Text lesen noch schnell eine Pizza in den Ofen schieben, denn unser sechster Gast hat beruflich genau damit zu tun: Er gründete die aufstrebende Tiefkühlpizza-Firma Franco Fresco, oder auch Gustavo Gusto, wie sie den Kunden eher bekannt sein dürfte.
Ohne Präsentation, dafür mit reichlich guten Ratschlägen und persönlichen Anekdoten erzählte Christoph Schramm, wie er als BWL-Student die einzige Holzofenpizzeria Passaus gründete und das ohne gastronomische Vorerfahrung. Aus dem Restaurant wurden innerhalb weniger Jahre vier Restaurants mit Lieferdienst und mit dem Plan, ein Franchise daraus zu gestalten. Bis, eines Tages, einige der Restaurants geschlossen werden mussten. Nachdem auch die meisten seiner Bekannten Passau verlassen haben, hielt Schramm nichts mehr in Passau, sodass er seine Sachen packte und in Geretsried einem neuen Geschäft nachging:
Zwar produzierte er weiterhin Pizzen, diese allerdings sollten nicht direkt verzehrt, sondern tiefgefroren und zum späteren Konsum gelagert werden und das ohne Geschmackseinbußen. Die Produktion am neuen Standort begann mit einem Ofen und zwei Tischen, so ließen sich immerhin 200 Pizzen am Tag herstellen.
Abnehmer der Tiefkühlware waren zunächst kleinere Betriebe, wie Freibäder, doch der Plan war immer, den Großhandel zu beliefern. Ein erster Versuch, an diesen heranzutreten führte zwar nicht zum Erfolg, öffnete aber Türen, um über die Lieferanten an Kantinen zu gelangen und an diese größere Mengen zu liefern.
Bald kam es dann doch zu einem Vertrag mit der REWE in Bayern und drei Monate später rief auch schon die EDEKA an. Lediglich an Discounter wollte Gustavo Gusto bewusst nicht verkaufen, aus Sorge durch Rabattaktionen könnten andere Einzelhändler unter Zugzwang geraten und so eine riesige Abwärts-Spirale der Preise auslösen.
Außerdem erzählte unser Gast, wie bei Rewe die Telefonleitungen zusammenbrachen, als hunderttausende Teenies bundesweit die Märkte gestürmt hätten, auf der Suche nach der „Luca-Pizza“ (einer Kooperation von Gustavo Gusto mit dem Youtuber Luca (Concrafter)), von der Luca
leider vergessen habe, zu erwähnen, dass sie nur in Bayern erhältlich sei.
Ob das nun wirklich ein Versehen oder nicht vielleicht doch ein Marketing Cue war, lässt sich natürlich nicht sagen, die Bekanntheit der Marke dürfte dieser Zwischenfall jedoch sicherlich gesteigert haben.
Heute produziert die Marke statt 200 120.000 Pizzen am Tag, die sie nach Deutschland, Österreich und in die Schweiz liefert, ist vom Ein-Mann-Betrieb zu einem Unternehmen mit 350 Mitarbeitern gewachsen und plant bereits seine Expansion in die Benelux-Staaten und nach Skandinavien.
So, genug zu Gustavo Gusto, nun zu ein paar praktischen Hinweisen, denn „Losers focus on winners, winners focus on themselves.“:
Ein Fokus auf Tierwohl und Nachhaltigkeit mag gerade für junge Unternehmen aufwändig klingen, kann sich aber bezahlt machen, denn: Kunden sind bereit, für nachhaltige Produkte zu zahlen und kleine Unternehmen sind glaubwürdiger bei ihrer Vermarktung. Das kann ein guter Ansatz sein, sich von Konkurrenten abzusetzen.
Eine Einstellung, die uns in den Gesprächen mit Gründern immer wieder begegnete und die auch Herr Schramm in einem leidenschaftlichen Appell vertrat ist die Haltung, dass es deutlich besser sei, mit einem Unternehmen zu scheitern und Fehler zu machen, als nichts zu riskieren – zumal jeder
Fehler die wertvolle Gelegenheit bietet, aus ihm zu lernen, denn „nichts ist so viel wert, wie etwas zu probieren und zu scheitern“.
Das größte Risiko, das man eingehe, sei eine Privatinsolvenz, wie man sie z.B. in England bereits nach eineinhalb Jahren überstanden hat.
Gerade am Anfang sollte man sich nicht zu sehr auf die Beurteilung der eigenen Geschäftsidee durch andere verlassen. Viele Menschen glauben erst an den Erfolg eines Unternehmens, wenn er bereits eingetreten ist, daher sollte man gerade bei radikal neuen Ideen vorsichtig sein, sie sich von Fremden schlecht reden zu lassen, nur weil ein Geschäftsmodell noch nicht so etabliert ist, dass viele Menschen glauben, es könne aufgehen. Allerdings lohnt es sich, seine Ideen früh im eigenen Umfeld zu kommunizieren, um auf die Wünsche potenzieller Kunden aufmerksam zu werden und sich schon mal eine gewisse Bekanntheit aufzubauen. Herr Schramm sieht darin kaum ein Risiko, plagiiert zu werden, solange man nicht gerade „‘ne Pizza-Idee dem Doktor Oetker auf die Nase binde[t]“. Dafür kann man sich so früh wertvolles Feedback einholen.
Es ist zudem wichtig, immer bereit zu sein, von neuem anzufangen. So ist Gustavo Gusto erst nach dem Umzug nach Geretsried und der Umstellung auf die Produktion von Tiefkühlpizzen zu dem geworden, was es heute ist. Man sollte bereit sein, sich als Unternehmen immer wieder neu zu
erfinden um innovativ zu bleiben.
Ferner gab Herr Schramm Hinweise zur Auswahl von Angestellten. So seien am Anfang vor allem Leute, die einfach mal anpacken gefragt, während, nachdem sich ein Unternehmen einigermaßen etabliert hat, der Bedarf an Mitarbeitern steigt, die in vorgegebenen Strukturen und Prozessen
arbeiten. Allgemein gelte, dass jede(r) Gründer*in Stärken und Schwächen habe (außer ihm, wie Herr Schramm scherzhaft betont, er sei „einer der wenigen Menschen, die keine Schwächen [hätten]“), man solle sich aber nicht auf die eigenen Schwächen konzentrieren, sondern vielmehr mit Leuten zusammenarbeiten, die die eigenen Schwächen zu kompensieren vermögen.
Auch sei es Anfangs anzuraten, sich nach Möglichkeit keine Investoren außerhalb des Freundes- und Verwandtenkreises ins Boot zu holen, sondern lieber strategische Partner und so wenige Anteile wie möglich abzugeben, oder höchstens solche mit Rückkauf-Recht.
Als er zum Schluss die Möglichkeit bekommt, selbst auch noch eine Frage zu stellen, möchte Christoph Schramm wissen, welche der Anwesenden beabsichtigten, sich selbstständig zu machen – quasi alle meldeten sich – eingeschlossen Herr Weichselbraun.
Was sollte man also aus dem Vortrag mitnehmen?
Lassen wir das doch Herrn Schramm mit seinen eigenen Worten beantworten:
„Erstens: Es dauert immer länger, als man meint. Also immer! Zweitens: Es wird alles teurer, als man meint.“ „Und einfach machen“